MP

/Newsletter 2024/03

Zu mir, oder zu Dir?

Tabuthema „Getrennte Betten“

Neue Forschungsergebnisse der American Academy of Sleep Medicine zeigen, dass mehr als ein Drittel der Amerikaner inzwischen eine „Schlafscheidung“ bevorzugen. In Deutschland sind es aktuellen Umfragen zufolge immerhin etwa 25 %. Aber was sind die Hintergründe? Bedeutet dies das Ende der Liebe und der großen Gefühle? Oder könnte vielleicht sogar das Gegenteil der Fall sein?

Neil Stanley, Mitautor von „A Sleep Divorce: How to Sleep Apart, Not Fall Apart“, meint: „Wir wurden von der Idee betrogen, dass wir zusammen schlafen sollten, wenn wir in einer Beziehung sind.“ Häufige nächtliche Störungen wie Schnarchen, Schlaflosigkeit, unterschiedliche Schlafrhythmen und Unruhe können die Schlafqualität und die Dynamik einer Beziehung erheblich beeinträchtigen. Eine Schlafscheidung, bei der Paare in getrennten Betten oder Schlafzimmern schlafen, soll diese Störungen minimieren und die Schlafqualität verbessern.

Historischer Kontext

Historisch betrachtet ist das Konzept getrennter Betten keineswegs ungewöhnlich. Im alten Rom nutzten Paare oft ein Bett für Intimität und zogen sich zum Schlafen in getrennte Lager zurück. Im Mittelalter teilten vor allem ärmere Familien ein Bett, das sich in der Nähe der wärmenden Feuerstelle befand, während wohlhabendere Familien separate Schlafräume hatten. Zur Zeit der Renaissance und unter Königen und Adligen waren getrennte Schlafzimmer absolut üblich.

Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert

ZwillingsbettenIm viktorianischen Zeitalter wurde es schließlich modern, dass Paare zusammen schliefen. Doch bereits Ende des 19. Jahrhunderts rieten Mediziner zu getrennten Betten. In den 1920er Jahren wurden sogenannte „Zwillingsbetten“ zum Symbol von Wohlstand und Mode. Während der 1950er Jahre erlebte das Doppelbett ein Comeback, da getrennte Betten als Zeichen einer gescheiterten Ehe galten. Heute kehrt der Trend zu getrennten Schlafarrangements langsam zurück, da das Bewusstsein für die Bedeutung des Schlafs für die Gesundheit wächst.

Wissenschaftliche Erkenntnisse

Nicht nur in puncto Gesundheit stellt die Forschung einen positiven Effekt einer guten Schlafqualität fest. Studien der Universitäten von Michigan und Berkeley fanden heraus, dass das Teilen eines Bettes auch die zwischenmenschlichen Beziehungen belasten kann und Paare nach einer schlechten Nacht häufiger Streitigkeiten haben.

Ein Paar liegt Rücken an Rücken in einem Bett

Viele Paare berichten jedoch auch von besserer Schlafqualität, wenn sie sich ein Bett teilen. Das Gefühl von Sicherheit und Gemütlichkeit kann Entspannung und tieferen Schlaf fördern. Andererseits fürchten einige Paare emotionale Entfremdung und weniger spontane Intimität.

Individuelle Lösungen

Letztlich bleibt das Thema so individuell wie die Menschen und ihre Beziehungen selbst. Es hängt maßgeblich davon ab, wie kompatibel die jeweiligen Schlafstile sind. Entscheidend ist, dass man in seiner Partnerschaft offen über das Thema spricht und die beste Option für die jeweilige Schlafsituation findet. Um eine Schlafscheidung erfolgreich zu gestalten, empfiehlt Neil Stanley, das zweite Zimmer nicht als Gästezimmer zu bezeichnen, sondern als „Ihr Zimmer“ zu gestalten, mit der bevorzugten Matratze, Bettdecke und Dekoration: „Eine Schlafscheidung soll keine Bestrafung sein, sondern der Plan, das Beste füreinander zu tun.“ Und für spontane Intimität reicht dann vielleicht auch ein Augenzwinkern und die Frage „zu Dir, oder zu mir?“…