Bonolino und die Waschkatze
MauMau wollte mit ihrem Freund, dem Wildkater Ratz, mal wieder ausgiebig durch Wald und Flur tigern, um Flora und Fauna zu erkunden. „Ratzafari“ nannte sie das. Als die beiden mich fragten, ob ich Lust hätte sie zu begleiten, sagte ich spontan zu.
Ich war überrascht, dass der Kuder – so nennt man die männlichen Wildkatzen – bereit war, mich mitzunehmen, denn Wildkatzen sind recht scheue Geschöpfe. Auf unserer Wanderung sahen wir in der Ferne eine Brücke, die vollkommen begrünt war. Statt Asphalt wuchs dort Gras auf dem Boden und die Seiten waren mit Stauden und Büschen bepflanzt. So eine Brücke hatte ich noch nie gesehen!
„Was ist das?“, fragte ich verblüfft.
„Das ist eine Grünbrücke“, erklärte mir Ratz freudestrahlend. „Grünbrücken führen über stark befahrene Straßen, damit wir Wildtiere gefahrlos rüberkommen. Und dann gibt es noch sogenannte Grüne Korridore oder Waldkorridore. Dabei handelt es sich um Neupflanzungen von Büschen und Bäumen, die getrennt liegende Waldgebiete miteinander verbinden. Das ist zum Beispiel für mich ganz wichtig, damit ich neue Reviere erobern kann!“ Ich staunte und MauMau grinste. Was der pelzige kleine Kerl nicht alles wusste!
„Wie wär’s Bonolino?“, fuhr der Wildkater fort. „Möchtest du nicht auch bei der Pflanzung neuer Waldkorridore helfen?“
„Aha! Deshalb habt ihr mich also mitgenommen“, schmunzelte ich. Die beiden Katzen maunzten mich so treuherzig an, dass ich einfach ja sagen musste. Inzwischen hatten wir einen Bach erreicht, in dem, wie mir schien, ein recht robustes Exemplar aus Ratz’ Verwandtschaft ein Stück Obst wusch. Gut gelaunt patschte ich mir auf die Plauze und flüsterte Ratz und MauMau ins Ohr: „Die Waschkatze da drüben ist aber auch gut durch den Winter gekommen!“
Ratz verdrehte die Augen. „Nicht Waschkatze. Waschbär!“
„Die Katze soll ein Bär sein? Nie im Leben! Die sieht doch aus wie du, nur ein bisschen dicker! Vermutlich ist sie eine Naschkatze …“
„Nenn mich nie wieder Katze“, brummte der Waschkatzenbär. Der war aber schlecht gelaunt. Wahrscheinlich hatte er zu wenig geschlafen. Jedenfalls mutmaßte ich das aufgrund der dunklen Schatten unter seinen Augen.
„Er heißt Klemens“, hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir. „Und ich bin Arielle, seine Frau.“ Eine Waschbärin (soviel hatte ich ja jetzt gelernt) gesellte sich zu Klemens und grinste über das ganze Gesicht. „Aber du hast recht, er trägt eine hübsche Waschtrommel mit sich rum.“
Klemens stemmte die Pfoten in die Seiten und schnaubte: „Waschbär oder Waschbrett – professionelle Reinigung oder Katzenwäsche? Was ist dir lieber, mein liebes Waschweib?“
Arielle lachte: „Hast ja recht. Du bist meine Luxus-Waschmaschine!“
„Ich hab’ ihn ja zuerst für eine mollige Wildkatze mit Putzfimmel gehalten, aber als Bär ist er überhaupt nicht dick. Ich kann übrigens auch ganz schön was wegputzen“, gab ich aufgeräumt zu.
MauMau schien beleidigt zu sein. „Katzen sind nicht nur sauber, sondern rein. Wir verbringen mehrere Stunden am Tag mit der Fellpflege. So viel zum Thema Katzenwäsche!“ Sie blickte herausfordernd in die Runde und die beiden Kleinbären beeilten sich, ihr kopfnickend zuzustimmen. Dann verabschiedeten wir uns und machten uns auf den Nachhauseweg. Daheim angekommen, schloss ich die Haustür auf und blickte in den dunklen Flur. „Deine Korridore sind nicht grün, sondern staubig“, maulte Ratz.
„Ja, jaa, jaaa. Ich will nicht wissen, wie es in deiner Höhle aussieht“, murmelte ich.
„Sauber.“
Hmmmpf. Ich gab mich geschlagen – mit einer Katze legt man sich besser nicht an. Mir standen also schweißtreibende Zeiten bevor: „Also gut. Ab morgen wird geputzt und gepflanzt. Gut für die Natur, gut für die Figur ...“